Ich war heute extra ein wenig früher aufgestanden, da ich Elena versprochen hatte sie abzuholen. Ich tat es nicht deshalb, weil sie mich darum gebeten hatte. Sondern, weil ich ihr helfen und sie stützen wollte. Elena hatte ihre Eltern bei einem Unfall verloren und lebte seitdem bei ihrer Tante Jenna, zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Jeremy. Es musste unglaublich schwer für sie sein.
Ich stieg in mein Auto und schlug die Tür sachte hinter mir zu. Ich mochte es nicht, wenn man bei Autos die Türen so laut zuknallte. Es ging auch sachter. Dann startete ich den Motor und fuhr die Straßen entlang zu Elenas Haus. Die erste Aufregung kroch in mir hoch. Heute würde der erste Schultag für Elena nach dem Verlust sein. Und ich hatte ein wenig Bedenken wegen unserer Mitschüler. Jeder wusste, was Elena widerfahren war und ich hoffte, dass sie sie erst einmal in Ruhe lassen würden. Sonst rede ich ein ernstes Wörtchen mit ihnen!, dachte ich und merkte, wie ich mir selbst ein wenig Mut machte.
Ich kam vor Elenas Haus an. Normalerweise war sie immer schon draußen, wenn ich sie abholen sollte und wartete mit ihrer Schultasche auf mich. Aber heute war von ihr noch nichts zu sehen. Ich sah auf die Uhr. Ich war eigentlich so früh wie immer dran. Aber es hatte sich alles verändert. Ich mache ihr keine Vorwürfe, wenn sie ihre Angewohnheiten ändert. Hauptsache sie findet einen Weg, um mit der ganzen Situation zurecht zu kommen!
Ich wartete kurz, ob Elena rauskommen würde, doch dann stieg ich aus und ging zu der Haustür. Kurz drückte ich auf den Knopf der Türklingel. Dann machte auch schon Elena auf und wir schauten uns an. Ich lächelte ihr zu. "Guten Morgen!", sagte ich betont fröhlich, auch wenn ich ihr am liebsten um den Hals gefallen wäre, um sie zu trösten. Elena war blasser als sonst und unter ihren Augen lagen leichte Schatten. Auch ihre Augen an sich sahen trauriger, teilnahmsloser aus. Mir entging sowas nicht so schnell, auch wenn Elena versuchte, gute Miene zum Bösen Spiel zu machen. Ich mochte es ganz und gar nicht, Elena so zu sehen. Es tat mir im Herzen weh. Aber mehr als für sie da sein, konnte ich nicht.
"Bist du fertig für die Schule?", fragte ich und sah, wie die gepackte Schultasche bereits an der Wand zum Flur lehnte.